Pflegestärkungsgesetz

Mit den deutschen Pflegestärkungsgesetzen (PSG I–III) soll schrittweise die Situation von Pflegebedürftigen, Angehörigen sowie Menschen, die in der Pflege arbeiten, verbessert werden, u. a. durch die bessere Anerkennung für das Vorliegen einer „Pflegebedürftigkeit“; sie ergänzen in drei Stufen die 1995 eingeführte Pflegepflichtversicherung, das 2002 in Kraft getretene „Pflegeleistungs-Ergänzungsgesetz“ und das „Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz“ vom 30. Oktober 2012; Wikipediaexterner Link


Erstes Pflegestärkungsgesetz (PSG I)

Etwa 2,9 Millionen Menschen (soziale und private Pflegeversicherung) in Deutschland sind derzeit pflegebedürftig. Sie und ihre Angehörigen haben bereits zum 1. Januar 2015 durch das erste Pflegestärkungsgesetz (PSG I) deutlich mehr Unterstützung erhalten. So wurden fast alle Leistungsbeträge der Pflegeversicherung angehoben. Die Leistungen der Kurzzeit- und Verhinderungspflege wurden ausgebaut und können seitdem besser miteinander kombiniert werden. Der Anspruch auf niedrigschwellige Betreuungsleistungen in der ambulanten Pflege wurde ausgeweitet. Zudem wurden die Mittel für Umbaumaßnahmen – beispielsweise den Einbau barrierefreier Duschen – auf bis zu 4.000 Euro pro Maßnahme erhöht, damit Pflegebedürftige künftig länger in ihrem gewohnten Umfeld bleiben können.

Bessere Leistungen erhielten auch Menschen, die an Demenz erkrankt sind. Menschen mit Demenz in der bis zum 31. Dezember 2016 geltenden sogenannten Pflegestufe 0 haben durch das erste Pflegestärkungsgesetz seit dem 1. Januar 2015 erstmals die Möglichkeit, auch Leistungen der teilstationären Tages- oder Nachtpflege sowie der Kurzzeitpflege in Anspruch zu nehmen. Zudem haben sie seitdem auch die zusätzlichen Leistungen für Mitglieder ambulant betreuter Wohngruppen und Zuschüsse für neu gegründete Wohngruppen erhalten. Diese pflegebedürftigen Menschen mit der sogenannten Pflegestufe 0 sind zum 1. Januar 2017 automatisch in den neuen Pflegegrad 2 übergeleitet worden.

Die Verbesserungen durch das erste Pflegestärkungsgesetz wurden bei der Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs und der fünf neuen Pflegegrade in Verbindung mit den neu festgesetzten Leistungsbeträgen zum 1. Januar 2017 übernommen und teilweise erneut ausgeweitet.


Zweites Pflegestärkungsgesetz (PSG II)

Durch das zweite Pflegestärkungsgesetz (PSG II) gelten seit 2017 grundlegende Veränderungen und Verbesserungen im Pflegesystem für Pflegebedürftige, Angehörige sowie Pflegekräfte. Eckpfeiler des Gesetzes ist die Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs, der sich stärker an den Bedürfnissen jedes einzelnen Menschen, an seiner individuellen Lebenssituation und an seinen individuellen Beeinträchtigungen und Fähigkeiten orientiert.

Auf dieser Grundlage erhalten seit 2017 alle Pflegebedürftigen gleichberechtigten Zugang zu den Leistungen der Pflegeversicherung, unabhängig davon, ob sie von körperlichen, geistigen oder psychischen Beeinträchtigungen betroffen sind. Mit dem neuen Begutachtungsinstrument kann die individuelle Pflege- und Lebenssituation von Menschen, die einen Antrag auf Leistungen der Pflegeversicherung gestellt haben, besser erfasst werden. So wird es möglich, Pflegebedürftige individueller zu versorgen und ihre Selbstständigkeit im Alltag nachhaltig zu stärken. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf der besseren Einstufung von Menschen mit Demenz.

Das neue Leistungsrecht setzt die Ziele des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs systematisch um: Bereitgestellt werden passgenaue Hilfen, die dazu dienen sollen, die Selbstständigkeit und die Fähigkeiten Pflegebedürftiger zu erhalten und zu stärken. Zur Finanzierung dieser Maßnahmen wird der Beitragssatz der Pflegeversicherung zum 1. Januar 2017 noch einmal um 0,2 Prozentpunkte angehoben, wodurch dann insgesamt etwa fünf Milliarden Euro jährlich mehr für Pflegeleistungen zur Verfügung stehen.

Die Umsetzung des zweiten Pflegestärkungsgesetzes, insbesondere die Umstellung auf den neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff und das neue Begutachtungsinstrument, wird seit Januar 2016 durch einen gesetzlich begründeten Beirat begleitet, in dem Pflegekassen, Verbände der Leistungserbringerinnen und -erbringer, Selbsthilfeorganisationen von pflegebedürftigen und behinderten Menschen, Vertreterinnen und Vertreter der Pflegeberufe, Länder und Kommunen sowie Vertreterinnen und Vertreter der Wissenschaft mitwirken. Weitere Regelungsschwerpunkte im zweiten Pflegestärkungsgesetz waren:

  • Verbesserung der Beratung
  • Personalbemessung in stationären Einrichtungen: Die Selbstverwaltung hat bis 2020 ein wissenschaftlich fundiertes Verfahren zur einheitlichen Bemessung des Personalbedarfs in Pflegeeinrichtungen zu entwickeln und zu erproben.
  • Weiterentwicklung der Regelungen zur Qualitätssicherung: Qualitätssicherung, Qualitätsmessung und Qualitätsdarstellung werden auf wissenschaftlicher Grundlage weiterentwickelt; die Entscheidungsfindung der Selbstverwaltung in diesem Bereich wird beschleunigt.


Drittes Pflegestärkungsgesetz (PSG III)

Mit dem dritten Pflegestärkungsgesetz (PSG III) werden zum einen die in einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Stärkung der Rolle der Kommunen in der Pflege zwischen Bund, Ländern und kommunalen Spitzenverbänden vereinbarten Empfehlungen umgesetzt. Diese beziehen sich auf drei Themenbereiche:

  • Sicherstellung der Versorgung
  • Beratung
  • Empfehlungen zu zusätzlichen Betreuungs- und Entlastungsleistungen der Pflegeversicherung

Zum anderen enthält das dritte Pflegestärkungsgesetz ein Maßnahmenpaket zur Verbesserung von Prävention, Aufdeckung und Bekämpfung von Abrechnungsbetrug. Der Entwurf sieht hierfür Regelungen sowohl für den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung (SGB V) als auch der Pflegeversicherung (SGB XI) vor. Die aufeinander abgestimmten Regelungen im SGB V und SGB XI zielen darauf ab, bestehende Lücken bei den Qualitäts- und Abrechnungsprüfungen zu schließen.

Das Verhältnis zwischen Pflege und Eingliederungshilfe wird präzisiert. Es bleibt bei der "Gleichrangigkeit". Sozialämter und Pflegekassen sollen jedoch bei einem Zusammentreffen von gleichen Leistungen unterschiedlicher Träger künftig regelhaft vereinbaren, wie die Leistungserbringung im Verhältnis zur oder zum Anspruchsberechtigten jeweils erfolgen soll und wie die Kostenerstattung der Träger untereinander erfolgt.

Zudem wird mit dem dritten Pflegestärkungsgesetz der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff im Recht der Sozialhilfe eingeführt. Da die Versicherungsleistungen nach dem SGB XI auf gesetzlich festgesetzte Höchstbeträge begrenzt sind (Teilleistungssystem), kann auch nach Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs im SGB XI und nach der deutlichen Verbesserung der Leistungen der Pflegeversicherung ein darüber hinausgehender Bedarf an Pflege bestehen. Dieser wird bei finanzieller Bedürftigkeit durch die Hilfe zur Pflege im Rahmen der Sozialhilfe und dem sozialen Entschädigungsrecht (Bundesversorgungsgesetz – BVG) gedeckt. Gegenüber dem SGB XI ist auch nach geltendem Recht der Begriff insoweit weiter gefasst, als das Vorliegen von Pflegebedürftigkeit nicht mindestens für voraussichtlich sechs Monate vorliegen muss. Wesentliche Inhalte der Änderungen im Recht der Hilfe zur Pflege sind:

  • Umstellung von Pflegestufen auf Pflegegrade
  • Leistungen in den Pflegegraden
  • Zusätzliche pflegerische Betreuungsleistungen in der Hilfe zur Pflege

Das dritte Pflegestärkungsgesetz verfolgt darüber hinaus die Anerkennung der Wirtschaftlichkeit von Entlohnungen bis zu Tarifniveau in den Pflegevergütungsverhandlungen der Pflegeeinrichtungen.

Schließlich erhalten Versicherte in stationären Einrichtungen der Hilfe für behinderte Menschen im Sinne des § 43a SGB XI Leistungen der Behandlungspflege als häusliche Krankenpflege nach § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB V. Voraussetzung dafür ist, dass der Bedarf an Behandlungspflege eine ständige Überwachung und Versorgung durch eine qualifizierte Pflegefachkraft erfordert. Quelle: Bundesgesundheitsministeriumexterner Link


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